Post-Covid und ME/CFS sind zwei mögliche Verlaufsformen von Long-Covid, einer Folge der Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, wobei für ME/CFS noch weitere Ursachen diskutiert werden
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Der Begriff Long-COVID ist ein Überbegriff, um die gesamte Krankheitslast zu beschreiben, die sich aus einer Infektion mit SARS-CoV-2 bei einem Individuum ergeben kann, die persönliche Krankheitslast, die enorm eingeschränkte Lebensqualität und die sozioökonomischen Auswirkungen auf Bevölkerungsebene, um daraus sinnvolle Präventionsmaßnahmen abzuleiten. Aus praktischer, diagnostischer, therapeutischer und wissenschaftlicher Sicht ist es jedoch wichtig zu differenzieren.
Einerseits können verschiedene Krankheitsmechanismen zu Grunde liegen wie z.B.: Persistierendes Virusreservoir, latente Virusreaktivierung, Mikrobiom-Dysbiose, Erschöpfung von Immunzelluntergruppen und Autoimmunität, die zu latenten Entzündungsreaktionen, Gewebedysfunktion, hyperkoagulativem Status, Gefäßschäden, erhöhter Anfälligkeit für andere Infektionen, hormonellem Ungleichgewicht, Neuroinflammation und mitochondrialer Dysfunktion führen können.
Andererseits kann auch nach folgenden praktischen Kriterien untergliedert werden wie Patient:innen mit:
- prolongiertem Verlauf von COVID-19,
- Symptomen aufgrund von Organschäden durch die akute SARS-CoV-2 Infektion,
- Symptomen aufgrund der COVID-19 Behandlung (z.B. Ventilation),
- Symptomen durch eine Verschlechterung einer bestehenden/ präakuten/ chronischen/ residualen Erkrankung durch die SARS-CoV-2 Infektion,
- Symptomen durch das Neuauftreten von Krankheiten durch die SARS-CoV-2 Infektion (z.B. Thrombose/Embolie, Schlaganfall, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Asthma bronchiale, (atypische) Lungenfibrose, Diabetes mellitus Typ I, dementielle Syndrome) und
- Symptomen durch das Post-COVID Syndrom, die durch physiologische Fehlsteuerungen postviral zustande kommen, aber nicht mit einer der oben genannten Diagnosen in den Gruppen 1-5 erklärt werden können. Mittel- und langfristig können auch diese Fehlfunktionen zu strukturellen und Organschäden führen. Gerade die Gruppe der Post-COVID Erkrankten hat im Gesundheitssystem oft mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen, da die zugrundeliegenden physiologischen Fehlfunktionen zumeist nicht mit den derzeit standardmäßig durchgeführten diagnostischen Mitteln erkennbar sind. Bereits früher wurde festgestellt, dass "[...] das postakute Infektionssyndrom mit eindeutigen physiologischen Funktionsstörungen [...] mit den medizinischen Standarddiagnosetests oft nicht konsequent nachgewiesen werden kann. Diese Diskrepanz unterstreicht den Bedarf an einer neuen Generation empfindlicherer Testverfahren für Menschen mit postakutem Infektionssyndrom.[Iwasaki & Putrino, 2023]" Darüber hinaus gibt es für diese Gruppe der Erkrankten bisher noch keine ursächliche Therapie.
Wenn im Rahmen eines Post-COVID Syndrom Post-Exertional-Malaise (PEM) oder Post-Exertional Symptom Exacerbation (PESE) vorkommt und die Symptomatik länger als 6 Monate besteht, sollte auch an ME/CFS gedacht werden und die Diagnostik lt. NICE-Guideline durchgeführt werden. Der bisherige Stand der Forschung hat gezeigt, dass schätzungsweise 1 - 10 % der Patient:innen nach einer COVID-19-Erkrankung ME/CFS entwickeln können [Komaroff AL and Bateman L,, 2021; Komaroff AL and Lipkin, 2023]. Obwohl der genaue Zusammenhang zwischen den Erkrankungen noch unklar ist, zeigt sich eine deutliche Überlappung der Symptome vom Post-COVID-19-Syndrom und ME/CFS. Wenn man dies anhand der verfügbaren Zahlen hochrechnet, könnten in Österreich bis zu 64.000 Menschen mit Post-COVID-19-Syndrom (Stand Juni 2022, AGES) zusätzlich zu den bereits bestehenden ca. 25.000 ME/CFS-Patient:innen betroffen sein.
Ansprechperson für diesen Forschungsschwerpunkt

Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. med. Kathryn Hoffmann, MPH
Email: kathryn.hoffmann@meduniwien.ac.at
Tel. (Sekretariat): +43 (0)1 40160 34602
Prävention

Nachdem die einzige Ursache für Long-Covid und der multiplen SARS-CoV-2 Spätschäden eine Infektion mit dem SARS-CoV-2 ist, steht die Vermeidung einer Infektion oder Reinfektion an oberster Stelle.
Geeignete Maßnahmen zur Infektionsprävention bei Aerosol-übertragbaren Erregern allgemein sind:
- Saubere und gesunde Luft in Innenräumen durch ausgiebiges Lüften, was oftmals nicht ausreicht oder praktikabel ist, sowie den Einsatz von Abluft- und Luftsfiltersystemen. Dazu gibt es mittlerweile bereits viele gute wissenschaftliche Studien und viele Länder weltweit machen gesunde Innenraumluft zur Priorität. Zusätzlich ist es von Vorteil, CO2-Sensoren einzusetzen, um die Luftgüte auch sichtbar zu machen. Saubere und gesunde Innenraumluft reduziert nicht nur die Übertragungshäufigkeit von durch Aerosole-übertragbare Erkrankungen, sondern unterstützt auch noch eine bessere Konzentrationsfähigkeit von Menschen, reduziert die Häufigkeit von Kopfschmerzen und vermindert die Belastung durch Feinstaub und Pollen.
- Das Tragen von FFP2 oder FFP3 Masken an Orten, an denen viele Menschen und keine gesunde Luft vorhanden sind.
- Eine intelligente, sozial-gerechte und konsequente Test-Trace-Isolate Strategie
- Angepasste Impfstoffe
Aus diesem Grund ist Frau Prof. Hoffmann auch eine der Ärzt:innen, die den offenen Briefe an die Österreichische Ärztekammer mitverfasst und unterzeichnet haben: Öffentlicher Brief an Ärztekammer.pdf - Google Drive
Mitterweile wurde der Brief in vielen Medien publiziert und von Kolleg:innen sehr weit geteilt (USA, Kanada, England, Australien, Deutschland, Schweiz, Portugal, Spanien usw...). Sogar der bekannte SARS-CoV-2 Forscher Dr. Ziyad Al-Aly aus St. Louis/USA hat den Brief vorbildlich gefunden und geteilt. Viele Ärzte und Ärztinnen im Ausland möchten den Brief als Vorlage nehmen und in ihren Heimatländern ein ähnliches Schreiben verfassen! Unter folgendem Link ist der Brief in deutscher und englischer Version zu lesen, auch kann er von weiteren Ärzt:innen sowie Gesundheitspersonal unterzeichnet werden: https://covidisnotover.info/oeffentlicher-brief-an-aerztekammer/
Falls es Mensch doch erwischen sollte, was leider auf Grund der inzwischen völlig fehlenden Präventionsmaßnahmen in Österreich häufiger wird, finden Sie hier ein paar wichtige Tipps zur essentiellen Schonung nach SARS-CoV-2 Infektion:
Post-COVID syndrom

Wie bereits oben erwähnt braucht es zur adäquaten Diagnose vom Post-COVID Syndrom und seinen Begleiterkrankungen spezifischere diagnostische Mittel als derzeitige Standarddiagnoseverfahren [Iwasaki & Putrino, 2023].
Besondere Beachtung sollte auf das Vorhandensein von PEM/PESE gelegt werden. Dieser Punkt ist so wichtig, da von diesem die grundsätzliche Therapieausrichtig abhängt.
Hier finden Sie einen guten Überblick zu PEM/PESE sowie den Link zu einem Video-Podcast:
Beispiele für die Differenzialdiagnostik in Bezug auf das Auseinanderdifferenzieren von Long-Covid Symptomen aufgrund von prolongiertem akutem Verlauf bzw. Organschäden durch den akuten Verlauf, Verschlechterung von bestehenden Erkrankungen und Spätschäden und dem postinfektiösen Syndrom Post-Covid (mit u.a. PEM, autonomer Dysfunktion, Immundysfunktionen wie MCAS, kognitiver Dysfunktion und Schmerzsymptomatiken) finden Sie unter folgenden zwei Links zu kurzen Fortbildungspodcasts der ÖGAM:
- Long- /Post- COVID bei Erwachsenen; Husten/Dyspnoe in der hausärztlichen Versorgung: https://covid-19.infotalk.eu/20230802longcovid_husten_dyspnoe
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Long-Covid in der hausärztlichen Versorgung – eine Fallbesprechung: https://covid-19.infotalk.eu/20220907_long_covid_fallbesprechung
Projekte
--> siehe auch CovFIT study
--> Update Österreichische S1 Leitlinie Long-Covid jetzt unter dem Titel: "Leitlinie S1 für das Management postviraler Zustände am Beispiel Post-COVID-19"
--> Gesundheitliche Versorgung von Long-COVID Erkrankten. Eine mixed-Method-Studie zu Erfahrungen und Wegen von Betroffenen im Gesundheitssystem sowie zu speziellen Symptomen und hilfreichen sowie weniger hilfreichen therapeutischen Versuchen (wurde beim medizinisch-wissenschaftlichen Fonds des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien eingereicht für eine finanzielle Förderung).
Lehre

Ab 10.07.2023 gibt es ein Moodle-Seminar für alle interessierten Studierenden des Studiums Humanmedizin und N790 der MedUni Wien zum Thema Long-Covid und Post-Covid Syndrom.
In diesem Seminar finden Sie aktuellste Informationen zu Definition, Riskofaktoren und Präventionsmöglichkeiten, Epidemiologie, Symptome, Ursachen, Diagnostik und Therapieoptionen.
Anmeldung per Selbsteinschreibung unter folgendem Link mit dem Passwort "LongCovid":
Gute und aktuelle Informationen zum Krankheitsbild ME/CFS sowie weitere Ressourcen finden Sie unter dem folgenden Link.
Projekt Care for ME/CFS
Care for ME/CFS hat zum Ziel Praxisleitfäden zu erarbeiten, um eine bedürfnisorientierte und evidenzbasierte Versorgung von ME/CFS Betroffenen zu erleichtern.
Im Fokus stehen die Themenbereiche:
- Diagnose
- Behandlung/Pflege
- Ausgestaltung von Anlaufstellen