Das Forschungsteam am Zentrum für Public Health rund um Studienleiterin Eva Schernhammer (Leiterin der Abteilung für Epidemiologie) und ihrer Kollegin Erstautorin Claudia Zimmermann untersuchte in Form einer Meta-Analyse die Ergebnisse von Beobachtungsstudien, die zwischen 1960 und 2024 veröffentlicht wurden und die Suizidraten unter Ärzt:innen mit denen der Allgemeinbevölkerung verglichen. Insgesamt wurden 39 Studien aus 20 Ländern (hauptsächlich aus Europa, den USA und Australien) einbezogen. Insgesamt berichteten sie über 3.303 männliche und 587 weibliche Suizide in zwei Beobachtungszeiträumen (1935-2020 und 1960-2020).
Dabei zeigte sich, dass das Suizidrisiko bei männlichen Ärzten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung nicht erhöht war. Bei Ärztinnen war das Suizidrisiko jedoch deutlich höher (76 %) als in der Allgemeinbevölkerung.
Die Analyse der zehn neuesten Studien im Vergleich zu älteren Studien ergab, dass die Suizidrate sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Ärzten im Laufe der Zeit zurückgegangen ist, obwohl die Rate bei weiblichen Ärztinnen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung weiterhin signifikant erhöht war (24 % höher).
Stärkere Sensibilisierung für psychische Gesundheit
Die genauen Ursachen für diesen Rückgang sind nicht bekannt, aber eine stärkere Sensibilisierung für psychische Gesundheit und die Unterstützung von Ärzt:innen am Arbeitsplatz in den vergangenen Jahren könnten eine Rolle gespielt haben, so die Autor:innen.
Das hohe Maß an Variation (Heterogenität) zwischen den Studien deutet auch darauf hin, dass das Suizidrisiko von Ärzt:innen in verschiedenen Populationen nicht einheitlich ist, fügen sie hinzu. Dies ist wahrscheinlich auf die Ausbildung und das Arbeitsumfeld in den verschiedenen Gesundheitssystemen sowie auf unterschiedliche Einstellungen und Stigmatisierungen in Bezug auf psychische Gesundheit und Suizid zurückzuführen.
Eine zusätzliche Analyse ergab zudem eine signifikant (81 %) höhere Suizidrate bei männlichen Ärzten im Vergleich zu anderen Berufsgruppen mit ähnlichem sozioökonomischen Status. Bei Ärztinnen sah das Verhältnis ähnlich aus, aber die Zahl der in Frage kommenden Studien war zu gering für eine separate Analyse.
Die Autor:innen räumen mehrere Einschränkungen ein, wie den Mangel an Studien aus Ländern außerhalb Europas, der USA und Australiens und die wahrscheinlich zu geringe Zahl der Suizidfälle als Todesursache aufgrund von Stigmatisierung. Nichtsdestotrotz basierte die Analyse auf einer vollständigen Bewertung der verfügbaren Daten und untersuchte eine Reihe von Faktoren als mögliche Ursachen für die Unterschiede.
Die Autor:innen fordern daher weitere Anstrengungen bei der Erforschung und Verhütung des ärztlichen Suizides, insbesondere bei Ärztinnen, und weisen darauf hin, dass künftige Forschungsarbeiten erforderlich sind, um etwaige Auswirkungen von Covid-19 auf die Suizidrate bei Ärzt:innen in aller Welt zu bewerten.
Publikation: British Medical Journal
Suicide rates among physicians compared to the general population in studies from 20 countries: gender-stratified systematic review and meta-analysis
Claudia Zimmermann, Susanne Strohmaier, Harald Herkner, Thomas Niederkrotenthaler, Eva Schernhammer
doi: 10.1136/bmj-2023-078964